Eine neue CD von Attila Aldemir und Itamar Golan.

Beim Schreiben einer Kritik für „Das Orchester“ frage ich mich: Was für ein Musikinstrument ist besonders gut geeignet, um Leidenschaft auszudrücken? Ist das die Viola? Richard Strauss und Hector Berlioz charakterisieren den Klang der Bratsche als „herb“ und als zu „traurig-leidenschaftlichem“ Ausdruck fähig. Der Ausdruck von „Leidenschaft“ ist zumeist im hohen Tonbereich angesiedelt: Bässe wirken selten leidenschaftlich; vielmehr sind sie in der Oper oft böse, komisch oder weise Figuren. Dagegen ist „Leidenschaft“ das Spezialgebiet der Tenöre, während die hohe Sopranlage oft mit engelhafter Reinheit assoziiert wird. Carmen ist deshalb ein Mezzosopran und Sarah Leanders rauchiger Alt brachte manche Männer und Frauen um den Verstand.
Aldemir spielt César Franks A-Dur-Violinsonate auf der Bratsche: Wird sie durch das dunklere Timbre des Instruments „leidenschaftlicher“? Eher nicht. Vielmehr erscheint sie etwas eintönig und gedämpft. Man hört, dass dieses Sonate für eine Violine und nicht für eine Viola komponiert wurde. Offenbar geht es nicht nur um Klangfarben. Der Ausdruck von Gefühlen ist vor allem eine Angelegenheit der Komposition und diese muss auf das Instrument abgestimmt sein.
Übrigens ist diese CD sehr hörenswert; dies betrifft vor allem die Sonate für Viola und Klavier von Dmitri Schostakowitsch, die von den beiden Solisten ganz hervorragend musiziert wird. Aldemir spielt erstmals auf CD Solosonaten für die Viola der beiden türkischen Komponisten Necil Kazim Akses und Halit Turgay ein: spannende Musik!