München, 4. Juli 2017
Im Residenztheater sehe ich „Phädras Nacht“ mit der phantastischen Bibiana Beglau. Danach flaniere ich zum Königlichen Platz und genieße im Café am Lenbachhaus die Sommernacht.
Albert Ostermaier und Martin Kušej haben die Phädra-Geschichte zu einem Flüchtlingsdrama umgedeutet: Die Phädra der Antike verfällt einer leidenschaftlichen Liebe zu ihrem Stiefsohn Hippolytos. Er weist sie zurück, sie begeht Selbstmord und beschuldigt ihn im Abschiedsbrief der Vergewaltigung. Bei der Phädra im Residenztheater ist der Stiefsohn ein Afghane, der Phädras Mann gerettet hat und deshalb von ihm adoptiert wurde. Der Chor der griechischen Tragödie ist der rechtsradikale Mob. Phädra liebt den Afghanen, dieser aber liebt seine Stiefschwester und weist sie ab. Darauf beschuldigt sie ihn der Vergewaltigung und er wird vom Mob getötet.
So gut das Stück gespielt und inszeniert ist, diese Aktualisierung ist nicht stimmig. Zünden Rechtsradikale wegen zurückgewiesener Liebe Flüchtlingsheime an? Das ist doch höchst absurd. Soll hier ein Anti-Köln demonstriert werden? Also die Fremden nicht als Vergewaltiger sondern als wirklich Liebende und die Deutschen als diejenigen, die eine unmögliche Liebe fordern?
Wenigstens zum Nachdenken regt das Stück an. Aber unsere Kultur ist schon merkwürdig: die alten Klassiker werden so verändert, dass sie zu schlechten Stücken degenerieren, anstelle dass neue Stücke gespielt werden.
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