Biberach, 6. November 2016
Nach langer Zeit wieder einmal im Kino: „Willkommen bei Hartmanns“ ist eine Filmkomödie über das Versagen unserer Gesellschaft. Diese Hartmanns leben in Freiheit und Wohlstand und machen nichts Positives daraus: Vater Hartmann, Chefarzt, will das Altwerden nicht akzeptieren, lässt sich mit Botox das Gesicht verjüngen, sucht in einer Bar junge Frauen, Tochter Hartmann ist eine ewige, bindungsunfähige Studentin, Sohn Hartmann ein erfolgreicher, geschiedener Anwalt, der seinen Sohn vernachlässigt. Nur Mutter Hartmann unternimmt etwas Positives: sie nimmt einen Flüchtling auf, hat allerdings eine durchgedrehte Freundin, die eine exotische Party mit Rauschgift und Südseefolklore veranstaltet. Dieser gebildeten, fortschrittlichen, liberalen Münchner Schickimicki-Gesellschaft, wie sie schon Helmut Dietl porträtierte, werden diejenigen gegenübergestellt, die nicht dazu gehören, und die flüchtlingsfeindlich und rechtsradikal eingestellt sind.
Mittendrin bewegt sich verwundert der Flüchtling aus Nigeria, der vor der Verfolgung durch Boko Haram geflohen ist. Er versucht das streitende alte Paar, die zickige Tochter und den vernachlässigten Enkel wieder auf einen guten Weg zu bringen: gleichsam wie ein Engel aus Afrika.
Dieser Film hält unserer Gesellschaft einen Spiegel vor: sie ist so mit sich beschäftigt, dass ihr die eigenen Probleme weitaus wichtiger sind und diese als schlimmer empfunden werden als das zerbombte Syrien und das von Terrorismus, Hungersnot und Armut geschundene Afrika. Verkehrte Welt!
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