Die gute Nachricht in Corona-Zeiten: Kultur findet nicht nur im Theater, Kino oder Konzertsaal statt. Man kann auch fernsehen, CDs oder Musik aus dem Internet hören oder ein Buch lesen. Die schlechte Nachricht: Musiker, Schauspieler und selbst Autoren verdienen heute hauptsächlich ihr Geld bei Veranstaltungen, dagegen kaum etwas, wenn sie auf CDs, DVDs oder – am schlimmsten – über YouTube ihre Kunst nach Hause liefern. Deshalb führen die Lockdowns dazu, dass die Existenz vieler Künstler bedroht ist.

Das Internet hat eine Umsonst-Mentalität gefördert: Am heimischen Computer sich durch Musik, Filme, Text zu klicken und alles verfügbar zu haben, ist durchaus paradiesisch. Auch ich finde das sehr praktisch. Dabei verdrängt man allerdings, dass auch kulturelle „Produkte“ Zeit, Wissen und Energie kosten. Doch warum bezahlt man bei einem „Event“ schmerzlos hohe Eintrittskarten, während man zu Hause am Computer alles umsonst haben will? Da hat sich in den letzten Jahren eine merkwürdige Entwicklung abgespielt: Beim Event hört man Stars, trifft man Freunde, genießt man ein besonderes „Ambiente“, gibt man auch gerne noch zusätzlich Geld für ein Glas Sekt aus. Man „kauft“ mit der Eintrittskarte nicht nur die Musik, sondern ein Rundum-Erlebnis. „Kultur“ hat also einen Mehrwert. Dagegen haben sich die CD, die man noch physisch in der Hand halten konnte, oder das Buch, das man noch ins Bücherregal stellen konnte, verflüchtigt zu einem Download oder einen Stream. Dieser Entmaterialisierung, die durchaus dem „Geistigen“ von Kultur entspricht, führt zur Anspruchshaltung, dass ins Haus gelieferte Kultur auch umsonst sein müsste (freilich oft von Werbung kontaminiert), wie ja auch die Luft, die durchs Fenster kommt (allerdings oft von Feinstaub belastet), nichts kostet.

Wie in vielen anderen Bereichen hat die Corona-Pandemie einen Missstand aufgedeckt: Im Internet wurde Kultur okkupiert von Plattformen, die über Werbung viel Geld verdienen. Das war freilich nur möglich, weil die Kreativen sich häufig gerne „okkupieren“ lassen. Sie stellen ihre Filme kostenlos ins Netz, wollen die Freude an ihrer Kunst mit anderen Teilen, haben aber auch die Hoffnung berühmt zu werden, was freilich nur bei den wenigsten klappt. Wie man aus diesem Teufelskreis herauskommen kann, darüber sollte dringend nachgedacht werden.