22.10.2023
Als Künstlerischer Leiter im Ruhestand fühle ich mich einerseits erleichtert, da ich keine Verantwortung mehr habe, andererseits bin ich neugierig, wie es weitergeht. „Abgenabelt“ wurde ich, da meine Nachfolger einer ordentlichen Übergabe mit Informationen über Erfahrungen aus dreißig Jahren aus dem Weg gingen. Die jetzige Leitung der Landshuter Hofmusiktage folgt also der Diskontinuität, was ja – wie der große Musikforscher Thrasybulos Georgiades gezeigt hat – ein geniales Prinzip in der Musik Mozarts ist. Für mich ergibt sich daraus, dass das von mir gestaltete Europäische Festival Alter Musik etwas Abgeschlossenes ist und jetzt etwas anderes beginnt.
Die Landshuter Hofmusiktage sind nun auch ein Mitmachfestival und versuchen so ein neues Publikum anzuziehen. Das ist der sehr lobenswerte Versuch, dem Publikumsschwund seit den Coronajahren entgegenzuwirken. Orffs „Carmina Burana“ werden von einem Chor aus Landshutern, die sich jetzt dazu melden können, aufgeführt, und auch im Musical werden Landshuter Laien auftreten.
Gestern wurde eine Instagram-Story vom ersten Casting gezeigt. Doch macht es Sinn, dass ein Internationales Festival Alter Musik ein solches Casting mit Laien veröffentlicht? Die gezeigten Casting-Szenen zeigen Darbietungen, die nicht an „Jugend-Musiziert“ heranreichen und meilenweit vom Niveau eines Internationalen Musikfestivals entfernt sind. Werden da nicht die Teilnehmer des Castings auf eine peinliche Weise zur Schau gestellt? Ich habe den Eindruck, dass auf diese Weise, die sowohl für die Förderung des Laienmusizierens als auch für das Profil eines überregionalen, internationalen Festivals kontraproduktiv ist, Aufmerksamkeit in den Sozialen Medien um jeden Preis gesucht wird. So sind also die neuen Zeiten.
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