FotoIch bin dieses Jahr spät daran mit dem Gemüsebeet. Aber es war auch lange ziemlich kalt. Trotzdem machen sich schon viele Pflanzen breit. Die Beete sind eine ziemliche Wildnis. Das muss alles herausgerissen werden. Allerdings protestiert mein Spatzerl, wenn ich den Borretsch vernichte. Sie würde am liebsten dem Borretsch die volle Wachsfreiheit geben, nicht nur weil er so schön blau blüht und seine Blätter und Blüten den Salat bereichern, sondern vor allem wegen der Bienen. Aber ein Gemüsegarten ist kein Borretschgarten, und da fängt es schon an, schwierig zu werden: Wer bestimmt, was Unkraut ist? Früher war das klar: In einem Kohlrabi-Beet zum Beispiel sind alle anderen Pflanzen Unkraut und gehören vernichtet, ebenso verhält es sich bei einem Spinat- oder Lauchbeet. Heute ist das anders: Vielfalt ist angesagt. Die Permakultur genießt unter Bioanhängern höchstes Ansehen, und „bio“ soll auch mein Garten sein. Jedes Fleckchen Erde soll eine Pflanze tragen. Und der Garten soll nicht nur uns gesund ernähren, ohne chemische Schädlingsbekämpfungsmittel und Kunstdünger auskommen, sondern auch den Bienen, anderen Insekten und den Vögeln Nahrung bieten.

Aber was ist dann Unkraut? Ist Borretsch Unkraut, das ich beseitigen darf, damit ich Platz z.B. für meinen Grünkohl habe? Die Permakultur hat auch eine ethische Dimension, sagen deren Verfechter. Also ist der Garten nicht nur ein Stück Erde. Er spiegelt uns Menschen. Trotz aller Bio-Ideale muss der Gärtner die einen Pflanzen fördern und die anderen hinauswerfen. Man nennt das,Foto seitdem die Menschen von Jägern und Sammlern zu Ackerbauern wurden, Kultivieren. Um einen ertragreichen, schönen Garten zu erreichen, muss man also das Falsche, nämlich das sogenannte Unkraut, eliminieren, genauso wie ein Musiker falsche Töne ausmerzen oder ein Schriftsteller unpassende Worte herausstreichen muss. Doch zu viel Kultivieren ist auch nicht gut. Das führt zu Monokulturen, großem Schadstoffbefall und zur Chemiekeule.

Es geht also um ein fragiles Gleichgewicht zwischen Wachsenlassen und Ausmerzen. Ich lasse den meisten Borretsch stehen, auch Majoran und Melisse und all die anderen Kräuter, die bei uns wie Unkraut wachsen. Dagegen habe ich bei Brennnesseln mit ihren kaum noch aus dem Boden zu entfernenden Wurzeln kein Erbarmen, obwohl sie für Schmetterlingsraupen eine gute Nahrung wären.